XTZ1200Z Super Ténéré (Die Superdicke oder „Das Beast“)

Ja Leute, am 9. Nov. 2010 war’s für mich dann soweit und mein Händler  (Yamaha King Bikes in Remscheid) ermöglichte mir eine ordentliche Testfahrt mit der Superdicken.
Die Vorzeichen waren nicht die Schlechtesten, um mein bisheriges Bild der Superdicken zu bestätigen. Auf der Fahrt zum Händler zeigte sich meine (real-)ST von Ihrer besten Seite. Im Sonnenschein bollert der Motor beim Druck auf den Startknopf direkt los und trotz der Straßenreifen habe ich hier schon richtig Spaß.
Neben ihrer dicken Schwester geparkt, glänzt die XTZ850 Ultrea Super Ténéré (obwohl momentan total verstaubt von Lack-Schleif-Arbeiten in der Halle), und der Ralleycharakter meiner Maschine besticht (mich).

Natürlich verquassele ich mich erst einmal wieder mit Jacob, und so dauert es dann doch einen Moment, bis ich mich auf die silberne Sänfte begebe. Schon beim Druck auf den Startknopf springt meine Augenbraue gen Himmel – hört sich verdammt gut an! Nach kurzer Anleitung geht es also los. Zuerst noch ein wenig unsicher, taste ich mich auf die Straße. Der irre lange Vorbau der neuen Generation gefällt mir nicht wirklich, und ich fühle mich ein wenig wie bei Startrek, wenn ich entlang der Geckoaugen-haften Blinker entlang auf den Frontausleger sehe – aber war das beim ersten Ausritt 1992 mit meiner ST nicht ähnlich? Damals irritierte mich noch die rahmenfeste Verkleidung… Ich zwinge mich, dabei den T-Mode erst einmal eingeschaltet zu lassen. Die S-Mode-Einstellung soll mich später überzeugen.
Dann geht es erst einmal zum Tanken. Der letzte Tester hat es wohl mit dem Nachtanken nicht mehr geschafft. So viel Zeit sollte dann doch wohl drin sein, oder? Na ja.

25 + irgendwas Liter versenke ich im Stahlfass, und angenehm nehme ich den Einsatz im Einfüllstutzen zur Kenntnis, welcher dafür sorgt, dass mir beim Betankungsvorgang der Sprit nicht entgegen spritzt. Da hat jemand mit gedacht, denke ich noch, als ich irre Beträge auf den Tresen des „Wirts“ werfe.  Beim Preis von 145 / l denke ich nur „Ja, schmeichele mir nur mit deinem Spruch „Cowboy der Landstraße“… gleich lernst du ’nen echten Desperado kennen.

2 km weit komme ich, bis ich dann doch dankbar bin, dass es BMW gibt! Warum?
Na, es fängt unglaublich an zu regnen, und so kann ich nicht nur meine neue BMW Rallye Hose auch einmal auf Dichtigkeit prüfen, auch die anscheinend direkt von der GS adaptierte Frontscheibe ist zwar hässlich, erfüllt aber ihren Dienst hervorragend. Auch meine Knie-Innenseiten bleiben trotz stundenlangem Regen trocken. Das passt schon mal gut.
Später auf der Autobahn fällt mir dann bei 194 cm Körpergröße, hoch gestellter Scheibe und höchster Sitzposition auf, dass der Fahrtwind mich mitten auf das Visier trifft. Trotzdem ist das aber noch ein gigantischer Vorteil zu meiner ST mit hoher ***** Scheibe. Da ist schon der Brustbereich im Wind und dem Mückenfeuer ausgesetzt. Das Flattern des Visiers meines Uvex Endurohelms ist aber doch ziemlich irritierend und führt auch dazu, dass das im Regen leicht aufgestellte Visier ständig herunter fällt.
Obwohl die Stiefel sich kontinuierlich mit Wasser füllen, ist an Abbruch der Fahrt nicht zu denken. Ich muss noch bei Tante Louise vorbei und ein bestelltes Teil abholen, und so kann sich die dicke Schwester auch im Stadtverkehr bewähren, was den Alltagstest vervollständigt. Dabei entdecke ich, dass S-Mode wohl auch Stadtbetrieb heißen kann. Beim Bolzen durch die Wuppertaler Innenstadt bin ich trotz Koffern verdammt zügig am Ziel. Dabei bemerke ich erst jetzt, dass ich das ABS-System auch bei provozierten Nassbremsungen nicht unangenehm empfinde und Gullydeckel wie Straßenbahnschienen ihren Schrecken völlig verlieren. Ich fühle mich schon jetzt völlig sicher auf dem Bock.
Dank der bevorstehenden Weltmeisterschaftsspiele sind die Straßen relativ leer, und so katapultiert mich Big Sister mit kurzen Schüben im S-Mode schnell auf die A46, um die Stadt schnell hinter mir zu lassen.
Leider beschlägt mir dann immer wieder mein Visier, denn der Regen will einfach nicht nachlassen. Dabei lerne ich einen neuen Effekt der Verkleidung kennen. Ich wundere mich, warum ich bei leicht geöffnetem Visier immer wieder Spritzwasser ins Gesicht bekomme. Die Lösung dieser Frage ist die Öffnung zwischen Tank und Verkleidung: hier spritzt bei höheren Geschwindigkeiten das Wasser ordentlich fast senkrecht in mein Gesicht. Also doch Sonderausstattung à la GS? Die erste Ténéré mit Zimmerspringbrunnen  /mecker/.
Schon ab Sprockhövel beißt die Superdicke aber in die Landstraße. Ich zwinge mich dazu, im T-Mode weiter zu fahren, zumal ich auch etwas Respekt vor den enorm nassen Straßen habe. Die 1000 € Selbstbeteiligung bei der Kaltverformung der 1200 z möchte ich nun wirklich nicht berappen, und auch die schöne neue Hose soll dicht bleiben. Der montierte Reifen in Verbindung mit dem tollen Fahrwerk bringt aber schnell ein großes Sicherheitsgefühl und lädt ein, weiter am Kabel zu ziehen.
Mittags gibbet dann ’ne Curry-Pommes beim Haus Scheppen, und das Wasser kann mal ’nen Moment ablaufen. Die letzten Kilometer kleinste Straßen haben echt Spaß gemacht, und ich habe beschlossen, nun den Spaß-Mode zu genießen. Das Fahrwerk hat bisher alles locker weg gesteckt, und mir unglaublich viel Vertrauen eingeflößt. Ich hätte nicht gedacht, den Brocken so schnell so behände zu bewegen.
Jaaa, Spaßmode passt! Kilometer um Kilometer geht es immer weiter durch die verregnete Landschaft. Die Stiefel haben mittlerweile ihr Fassungsvermögen ausgeschöpft. Die 1200er gibt sich völlig gelassen.
Die Bremsen der Maschine sind wirklich klasse. Ich teste hier ziemlich ungeniert und bin bei den Ergebnissen in Regionen, bei denen ich mit meiner 20 Jahre älteren ST trotz 320er Doppelscheibenbremse lange auf der Nase liegen würde. Zudem habe ich auch den Toleranz-Mode schätzen gelernt. In 30er Zonen kurz am Schalter getippt und die Gefahr ist gebannt, ungewollt Punkte zu sammeln. Zudem hat hier Yamaha ein Setting gefunden, was der LC-8 wirklich fehlt. Der S-Mode macht mir unglaublich Spaß. Bei der LC-8 fand ich die ruppige Gangart aber no go. Hier zu zweit eine gemütliche Runde zu drehen, halte ich für fast unmöglich. Die neue ST meistert diese Prüfung jedoch mit Bravour.  Somit machen beide Gangarten mit der ST-Nachfolgerin wirklich Spaß.

Etwas gewöhnungsbedürftiger Look, aber hat was…

Schade, dass die Testmaschine nicht auch noch mit Stollenbereifung zur Verfügung steht. Das reizt mich schon ungemein. Mittlerweile halte ich auch einen Einsatz im Gelände nicht mehr für unmöglich. Natürlich sitze ich hier noch nicht so gewohnt im Sattel wie in den letzten fast 20 Jahren meiner ST, aber die Vertrautheit ist schon ungemein vorhanden. Trotzdem (das wundert mich) ist mein Sitzfleisch schon etwas strapaziert nach den letzten Stunden im Sattel. Das, obwohl die Sitzbank sehr bequem, ist aber schon etwas hart. Das Prädikat Ténéré verleihe ich aber erst nach einer Geländefahrt – abgemacht?!

Gut, dass ich nicht zufällig 15.000 € im Portemonnaie habe und mir nicht auch noch eine Nullprozent-Finanzierung mit traumhaften Konditionen angeboten wird, als ich dieses edle Gerät wieder bei Jacob vor die Türe stelle. Er hätte sie gar nicht erst wieder bekommen!
Seine Frage, ob ich Spaß hatte, bringt er gar nicht wirklich zu Ende, als er mein Gesicht sieht. YES !

Davon gerne mehr – bitte mit Stollen…

Übrigens – ich hatte einen Durchschnitts-Verbrauch (laut Bordcomputer) zwischen 5,4 und 9 Litern und wirklich absolut keine Zeit mehr zum Tanken, um dieses tolle Gerät noch rechtzeitig zurück zu bringen. Aber da ich das Fass zum Start bis Oberkante Unterlippe befüllt hatte, konnten die knappen 170 km dem Spritstand kaum was anhaben.  Also Leute, ab zu King Bikes; der Tank ist noch reichlich voll.

Fazit: Die Tour hat wirklich Spaß gemacht. Fast vollständig musste ich meine Bedenken über Bord werfen. Alle vielleicht zu kritisierenden Dinge sind Geschmackssache, treten aber zudem absolut in den Schatten vor den Vorteilen der Maschine. Auch nur ein Bruchteil der Arbeiten, die ich an der XTZ850 Utrea Super Ténéré ausgeführt habe, würden die 1200 z zu meinem Traumbike machen. Bei den ersten Metern, welche ich wieder auf meinem Bock sitze, fallen mir direkt die schlechten Bremsen, der schwergängige Gasgriff, das unsportliche Fahrwerk (in Verbindung mit den Straßenreifen sturer Geradeaus-Lauf) und der verblichene Lack auf. Die Sitzposition ist aber etwas, das ich auf der geilen Schwester bitter vermissen würde. Hier fühle ich mich wirklich wohl – und das ist auch gut so. Die nächsten Wochen werden zeigen, was die neuen Massiv-Umbauten so bringen werden. Das dicke Mädchen wird mir aber so schnell nicht aus dem Kopf gehen…

… und dann auf und davon

Trotzdem – wird die Neue erst einmal erschwinglich, hätte sie einen schönen Platz neben ihrer wüsten Schwester sicher. Würde mich Mama Yamaha heute damit in die Wüste schicken – gäbe es kein Halten mehr. Also Mama – ich habe Zeit.

Die ersten “ Umbauten“ sind im Kopf längst gelaufen…
Schon die 1200R gesehen? Hier gibt es einige Bilder dazu.
Dieses Modell kommt meinen Wünschen doch schon viel näher und auch die viel bemängelte Gangdrossel (2. Gang)  ist mittlerweile zu umgehen.

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